Station 15: Punta Arenas und Puerto Natales, Chile

19.11. - 22.11.2017, MEZ -4h |

Nach der Gletscher-Tour bei El Calafate ging es für uns am nächsten Tag mit dem Bus weiter nach Puerto Natales und damit rüber in den chilenischen Teil Patagoniens. Hier war der Plan unser Transportmittel in einen eigenen Mietwagen einzutauschen, weil die Entfernungen zwischen den Sehenswürdigkeiten weit sind, die Landschaften dazwischen aber schön und wir vor allem endlich wieder etwas mehr Flexibilität haben wollten als beim Busfahren. Die Busse sind zwar prima, aber hier im Süden auch nicht mehr ganz so billig und vor allem immer an feste Zeiten gebunden. Außerdem kann man zwischendurch nicht einfach mal aussteigen und Fotos machen und gerade das ist hier unten wirklich dringend notwendig!

Da die Autovermieter in Puerto Natales aufgrund der Nähe zum Torres del Paine Nationalpark recht teuer sind, sind wir einen Tag später (nochmal mit dem Bus) gleich noch weiter in den Süden bis nach Punta Arenas gefahren, wo wir uns schließlich unseren weißen Ford Ecosport ausgeliehen haben. 


Bevor es dann wieder zurück Richtung Torres del Paine gehen sollte, wollten wir uns aber erstmal die Stadt und deren Umgebung anschauen. Punta Arenas ist schön, aber unspektakulär. Ein paar Läden, ein paar Plätze und jede Menge Unterkünfte. Kurios allerdings, dass viele davon nicht wirklich als solche gekennzeichnet sind. So hatten wir am ersten Tag gleich leichte Probleme unser Hostel zu finden, bzw. dieses - als wir dann davor standen und an die Tür klopften - auch als solches zu erkennen. Auch das Autofahren in der Stadt ist zunächst gewöhnungsbedürftig und das mag schon was heißen wenn wir das sagen, immerhin haben wir Australien (Linksverkehr) und Bali (Linksverkehr + totales Chaos!) mit dem Mietwagen überlebt ;-) Das Problem hier in den kleinen Städtchen sind neben den fehlenden oder unbekannte Verkehrsregeln vor allem die teils schlecht, teils gar nicht gekennzeichneten, aber dennoch sehr zahlreichen Einbahnstraßen. Geschätzt 90% aller Straßen führen hier jeweils abwechselnd nur in eine Richtung und das ganze folgt auch grob einem System, aber trotzdem sollte man besser immer hellwach sein wenn man mal wieder eine Tankstelle, einen Supermarkt oder eine größere Kreuzung verlässt...!


Einfacher ist es da auf dem Land (es gibt oft kilometerweit nur eine Straße) und so sind wir mit dem Auto auch direkt raus aus der Stadt und zu einem Tagesausflug weiter nach Süden zum ehemaligen Fuerte Bulnes bei Puerto del Hambre („Hungerhafen“) gefahren. In dem heutigen kleinen Museums-Fort mit umliegenden Nationalpark haben wir einiges über die Seefahrt sowie die Entdeckung der Magellanstraße und der Region erfahren. Ursprünglich (um 1843) sollte wohl auch an diesem Ort eine Stadt entstehen, aufgrund der widrigen Verhältnisse und einer schon bald hereinbrechenden Hungersnot, konzentrierte man sich damals aber auf das etwas nördlich gelegenere Punta Arenas. 


Die schwierigen Witterungsverhältnisse konnten wir auch direkt am eigenen Leib erfahren. Trotz Sommeranfang lässt sich die Sonne nur selten zwischen den Wolken blicken, Regen gibt es aber trotzdem nur vereinzelt, denn da ist ja noch etwas das wir in diesem Ausmaß nicht auf dem Schirm hatten: der Wind! Die starken Westwinde bringen manchmal sogar das Auto zum Schaukeln und ist man selbst draußen und wird von einer heftigen Böe erwischt, bleibt einem nichts, als sich mit dem Rücken dagegen zu lehnen und zu versuchen einen halbwegs sicheren Stand zu bewahren. Trotzdem muss man die herrliche Natur natürlich zu Fuß erwandern und es lohnt sich allemal! Allein die vielen Vögel die wir hier gesehen haben lassen sich schon gar nicht mehr aufzählen. Neben den verschiedenen kleinen bunten sind aber zumindest der prächtige Kondor und der Albatross nochmal erwähnenswert.


Aber nicht nur die tollen Küsten, sondern auch die schier endlosen Weiten im Landesinnern sind äußerst beeindruckend! Die Landschaft ist hauptsächlich geprägt von der Schafzucht, welche hier auch einer der wichtigsten Wirtschaftszweige ist. Aber die Tiere haben es toll: auf tausenden von Hektar Weideland können sich unzählige Schafe das ganze Jahr über frei bewegen, um dann einmal im Jahr zum Schären und Zählen von ihrem Besitzer eingeholt zu werden. Das Schären der vielen Tiere übernimmt im Sommer ein spezieller Arbeitstrupp, der von Estancia zu Estancia fährt, jeweils mit Pferden und Hunden die Schafe zusammentreibt und sie anschließend in der Scheune des Besitzers von ihrer dicken Wolle befreit. Aufgrund ihrer besonderen Fettschicht, können diese auch im Winter draußen bleiben, im Gegensatz zu den Lamas, die zwar auch ein dickes Fell, aber eben keine Fettschicht haben. Gelernt haben wir das alles nach einer Übernachtung auf einer echten Estancia, die wir spontan auf dem Weg nach Puerto Natales gefunden haben. Geplant war nur überhaupt eine Unterkunft irgendwo zwischen den beide Orten Punta Arenas und Puerto Natales zu finden, um einige Tage später (nach Torres del Paine) nicht so weit fahren zu müssen. Über booking.com war im Niemandsland nichts mehr zu finden, also haben wir uns einfach die Namen der Schilder an den Eingangstoren notiert und anschließend geschaut welche davon wir im Internet finden und kontaktieren können. Erfolg hatten wir schließlich bei der Estancia Rio Penitente, einige hundert Meter weg von der einzigen Straße, irgendwo im Nirgendwo. Es war als würde man in einem Museum übernachten, einfach klasse! Der Gutshof aus dem Jahr 1893 wurde von einem schottischen Einwanderer gegründet und aufgebaut und ist bereits in fünfter Generation in Betrieb. Einige Einrichtungsgegenstände haben die Zeit aber ziemlich gut überstanden und Christopher und Valerie waren ein super Gastgeberpaar!


Umso weiter wir nach Norden kamen, umso bergiger wurde es wieder und es entstanden erneut traumhafte Kulissen mit grünen Wiesen, blauen Seen und schneebedeckten Bergen im Hintergrund. Einen „freien“ Tag in Puerto Natales haben wir noch für einen Besuch der Cueva del Milodon genutzt, in der die Überreste eines hier vor 10.000 Jahren lebenden Riesenfaultiers gefunden wurden. Ein toller Ausflug bei dem wir auch schon mal Bekanntschaft mit den ersten Schotterstraßen machen konnten, welche uns im Torres del Paine vermehrt erwarten würden.